Augsburg
18. Jh.
Ornamentstiche nach französischen Vorbildern
25 Radierungen, herausgegeben bei Johann Georg Hertel, Johann Georg Merz und Jeremias Wolff. Jew. auf Platte signiert, teilweise bezeichnet und nummeriert. Radierungen auf Bütten. Verschiedene Maße cm. 23 Blätter hinter Passepartout auf oberer Kante montiert (Passepartout jew. 46,5 x 33,5 cm). Tlw. beschnitten, fleckig, gebräunt.
Augsburg war als Stadt der Verlage schon die gesamte Frühe Neuzeit eine der wichtigsten Metropolen, wenn es um Druckgraphik ging. Warum ausgerechnet Augsburg für das Rokoko und den Ornamentstich rund um die Rocaille so eine große Rolle einnimmt, lässt sich nicht abschließend klären, aber es gibt einige nachvollziehbare Möglichkeiten: Zum einen ist den Druckern in Augsburg als Freie Reichsstadt mehr Freiheiten erlaubt als es in anderen Städten wie München der Fall wäre. Zum anderen, zum Beispiel im Vergleich zur ebenfalls Freien Reichsstadt Nürnberg, wurde den Augsburgern Privilegien im Handel mit Frankreich genehmigt. Gleichzeitig hatten einige Verleger wie Wolff, Engelbrecht oder Nilson gute Verbindungen zu französischen Künstlern und Verlegern, die rege Motive nach Augsburg lieferten.
Und die Notwendigkeit war da: Viele Herrscher des Absolutismus im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen wollten sich gegenseitig mit pompösen und prunkvollen Bauten sowie extravaganten Interieurs gegenseitig übertreffen. Dafür benötigten ihre Baumeister auch regelmäßig neue Entwürfe oder auch "inspirative" Vorlagen der französischen Vorbilder. Diese wurden eben durch Kopien französischer Kunst, die aus Augsburger Hand wesentlich günstiger als die französischen Originale waren, den Entwerfern geliefert. Dazu kam es, dass die Augsburger Verleger auch die französischen Titel übersetzten.
Die Vorlagen der hier vorhandenen Drucke stammen allesamt aus Frankreich. Ob diese Nachstiche der Augsburger Verleger als Kopien oder als "Fälschungen" zu bewerten sind, ist eine schwierige Frage. Vor allem im deutschsprachigen Raum sind die meisten Blätter der französischen Ornamentvorlagen jedoch nur durch eben jene Augsburger Nachdrucke in den Ornamentstichsammlungen bekannt, wodurch vor allem den Augsburger Drucken die Rolle der Verbreitung des Rokoko-Ornamentes zufällt und wovon dieses Konvolut auch Zeuge ist.
Das Konvolut besteht aus folgenden Blättern (genannt werden, wenn vorhanden, die deutschen Titel der Blätter): 4 Blätter "Neu inventierte Schilde - Fünfter Theil - Cinquieme Livre de Cartouches", Darstellung der vier Jahreszeiten als Kartuschenumrahmung, Entwurf Jacques de Lajoue (1686-1761), Stecher Benedikt Winkler (1727-1797), Verleger Johann Georg Merz (1694-1762), Serie Nr. 6, Blatt 1-4. 3 Blätter "Neu inventierte Schilde - Dritter Theil - Troisieme Livre de Cartouches", Ornamentstiche mit Tieren, Entwurf Jacques de Lajoue (1686-1761), Stecher Benedikt Winkler (1727-1797), Verleger Johann Georg Merz (1694-1762), Serie 3, Blatt 1, 5 und 6. 2 Blätter "Cartouches à la moderne", Kartuschenentwürfe, Entwurf und Stich "C. F. Masson", Verleger Johann Georg Hertel, Serie 64, ohne weitere Nummerierung. 5 Blätter "Neu inventierte Vorstellungen von Stein und Muschel Wrk mit modernen Figuren verziert - Anderer Theil", verschiedene Rocailles-Entwürfe mit benannten Szenerien (in französisch und deutsch): "Der getreiie Liebhaber", "Die beglickte Zeit", "Der verliebte Soldat", "Der gekrönte Cupido", "Die willfoertige Bedienung", nach Vorlage von Jean Mondon (französicher Künstler um 1740), Verleger Johann Georg Merz (1694-1762), Blatt 4, 5, 6 (doppelt vergeben) und 7 (ohne Deckblatt). 4 Blatt "Fontaines en forme de Cartouche" bzw. "Fontaine décorée", Entwürfe für Brunnenanlagen bzw. Kartusche in einer Brunnenanlage, Entwerfer und Stecher "Babel" (unbekannter Künstler), Verleger Johann Georg Hertel, Serie 32, Blatt 1 und Serie 34, Blatt 1, 3 und 4. 2 Blätter, Kartuschenentwürfe mit mythologischen Figuren, Entwerfer François Boucher (1703-1770), Verleger Johann Georg Hertel, Serie 128, Blatt 1 und 2. 2 Blätter, Ornamentstiche mit mythologischen Szenen, Entwerfer Daniel Marot (1661-1752, ein Blatt nicht bezeichnet), Verleger Jeremias Wolff, ein Blatt gestochen von Jacob Wilhelm Heckenauer (1675-1738). 1 Blatt Ornamentstich mit figürlicher Szene, Entwerfer Antoine Watteau (1684-1721), Verleger Johann Georg Merz. 1 Blatt "Hyems", Ornamentstich mit Kaminentwurf, Entwurf Abraham Drentwett, Stecher Georg Heinrich Schifflin, Verleger Jeremias Wolff (Blatt nicht in Passepartout). 1 Blatt, Titelblatt "Buch Von Unterschiedlichen Zierrathen Herrlich Bemahlet In dem Cabinet und Bädern Der Regierenden Königen in Frankreich In dem Königlichen Pallast Durch Simon Vouet, Königl. Hoffmahler Zu Paris", verlegt durch Johann Ulrich Kraus, Augsburg, und datiert 1698.
Provenienz: Nachlass von Dr. Alexander Eugen Herzog von Württemberg (1933-2024).
Vgl. Poindront, Philippe, Augsbourg, centre de reproduction de gravures dornement parisiennes au XVIIIe siècle, in: Histoire de lart, No. 61, 2007. Les Arts décoratifs aujourdhui. S. 27-
Augsburg
18. Jh.
Ornamental engravings based on French models
Each signed on the plate, some inscribed and numbered. Etchings on handmade paper. 23 sheets mounted behind a passe-partout on the upper edge (passe-partout each 46.5 x 33.5 cm). Some trimmed, stained, browned.
Augsburg war als Stadt der Verlage schon die gesamte Frühe Neuzeit eine der wichtigsten Metropolen, wenn es um Druckgraphik ging. Warum ausgerechnet Augsburg für das Rokoko und den Ornamentstich rund um die Rocaille so eine große Rolle einnimmt, lässt sich nicht abschließend klären, aber es gibt einige nachvollziehbare Möglichkeiten: Zum einen ist den Druckern in Augsburg als Freie Reichsstadt mehr Freiheiten erlaubt als es in anderen Städten wie München der Fall wäre. Zum anderen, zum Beispiel im Vergleich zur ebenfalls Freien Reichsstadt Nürnberg, wurde den Augsburgern Privilegien im Handel mit Frankreich genehmigt. Gleichzeitig hatten einige Verleger wie Wolff, Engelbrecht oder Nilson gute Verbindungen zu französischen Künstlern und Verlegern, die rege Motive nach Augsburg lieferten.
Und die Notwendigkeit war da: Viele Herrscher des Absolutismus im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen wollten sich gegenseitig mit pompösen und prunkvollen Bauten sowie extravaganten Interieurs gegenseitig übertreffen. Dafür benötigten ihre Baumeister auch regelmäßig neue Entwürfe oder auch "inspirative" Vorlagen der französischen Vorbilder. Diese wurden eben durch Kopien französischer Kunst, die aus Augsburger Hand wesentlich günstiger als die französischen Originale waren, den Entwerfern geliefert. Dazu kam es, dass die Augsburger Verleger auch die französischen Titel übersetzten.
Die Vorlagen der hier vorhandenen Drucke stammen allesamt aus Frankreich. Ob diese Nachstiche der Augsburger Verleger als Kopien oder als "Fälschungen" zu bewerten sind, ist eine schwierige Frage. Vor allem im deutschsprachigen Raum sind die meisten Blätter der französischen Ornamentvorlagen jedoch nur durch eben jene Augsburger Nachdrucke in den Ornamentstichsammlungen bekannt, wodurch vor allem den Augsburger Drucken die Rolle der Verbreitung des Rokoko-Ornamentes zufällt und wovon dieses Konvolut auch Zeuge ist.
The mixed lot consists of the following sheets (the German titles of the sheets are given, if available):4 sheets "Neu inventierte Schilde - Fünfter Theil - Cinquieme Livre de Cartouches", depiction of the four seasons as a cartouche frame, design by Jacques de Lajoue (1686-1761), engraver Benedikt Winkler (1727-1797), publisher Johann Georg Merz (1694-1762), series no. 6, sheets 1-4.3 sheets "Neu inventierte Schilde - Dritter Theil - Troisieme Livre de Cartouches", ornamental engravings with animals, design by Jacques de Lajoue (1686-1761), engraver Benedikt Winkler (1727-1797), publisher Johann Georg Merz (1694-1762), series 3, sheets 1, 5 and 6.2 sheets "Cartouches à la moderne", cartouche designs, design and engraving "C. F. Masson", publisher Johann Georg Hertel, series 64, without further numbering.5 sheets "Neu inventierte Vorstellungen von Stein und Muschel Wrk mit modernen Figuren verziert - Anderer Theil", various rocailles designs with named scenes (in French and German): "Der getreiie Liebhaber", "Die beglickte Zeit", "Der verliebte Soldat", "Der gekrönte Cupido", "Die willfoertige Bedienung", based on a model by Jean Mondon (French artist circa 1740), publisher Johann Georg Merz (1694-1762), sheets 4, 5, 6 (doubled) and 7 (without cover sheet).4 sheets "Fontaines en forme de Cartouche" or "Fontaine décorée", designs for fountains or cartouches in a fountain, designer and engraver "Babel" (unknown artist), publisher Johann Georg Hertel, series 32, sheet 1 and series 34, sheets 1, 3 and 4.2 sheets, cartouche designs with mythological figures, designer François Boucher (1703-1770), publisher Johann Georg Hertel, series 128, sheets 1 and 2.2 sheets, ornamental engravings with mythological scenes, designer Daniel Marot (1661-1752, one sheet not inscribed), publisher Jeremias Wolff, one sheet engraved by Jacob Wilhelm Heckenauer (1675-1738).1 sheet of ornamental engraving with figurative scene, designer Antoine Watteau (1684-1721), publisher Johann Georg Merz.1 sheet of "Hyems", ornamental engraving with fireplace design, design Abraham Drentwett, engraver Georg Heinrich Schifflin, publisher Jeremias Wolff (sheet not in passe-partout).1 sheet, title page "Buch Von Unterschiedlichen Zierrathen Herrlich Bemahlet In dem Cabinet und Bädern Der Regierenden Königen in Frankreich In dem Königlichen Pallast Durch Simon Vouet, Königl. Hoffmahler Zu Paris", published by Johann Ulrich Kraus, Augsburg, and dated 1698.
Provenienz: estate of Dr. Alexander Eugen, Duke of Württemberg (1933-2024).
Cf. Poindront, Philippe, Augsbourg, centre de reproduction de gravures dornement parisiennes au XVIIIe siècle, in: Histoire de lart, No. 61, 2007. Les Arts décoratifs aujourdhui. p. 27 ff.